Donnerstag, 21. April 2011

3. Teil: Donnerstag, 21.April: Fahrt nach Higashi Matsushima, in der Präfektur Miyagi. (etwa 25 km entfernt von Sendai)







Am Donnerstag ging es wieder morgens um 7:30 los zur Lagerhalle, wo wir Hilfsgüter raussuchten und ins Auto luden.Was soll man am besten mitnehmen? Was brauchen die Menschen am dringendsten? Wieder packen wir verschiedene Sachen ein, von denen wir meinen, dass die Menschen es jetzt am dringendsten brauchen. 
Danach geht die Fahrt diesmal nach Matsushima. Diese Stadt liegt direkt an der Matsushima-Bucht, der Hauptattraktion der Präfektur. Es handelt sich dabei um eine Bucht mit rund 260 kiefernbedeckten Inseln, 22 km nordöstlich von Sendai. Neben Amanohashidate und Miyajima ist Matsushima eine der Drei schönsten Landschaften Japans – was seine Strände und die nahegelegenen historischen Stätten zu entsprechende Hochburgen des Tourismus gemacht hat, so lese ich es im Nachhinein im Internet nach. 
Doch was uns heute erwartet ist ein Bild des Erschreckens. Ich finde keine Worte. Ich lasse die Bilder sprechen. Der Ort gleicht einem einzigen Müllhaufen, zwar stehen viele Häuser noch, aber alles ist total verschlammt, verdreckt und ein Bild des Grauens. 
Wir fahren direkt vor ein Haus, dessen Besitzer (Herr Takahashi), unser Teamleiter kennt. Heute sollen wir, die freiwilligen Helfer ihm beim Hausputz helfen. Die erste Etage liegt völlig im Schlamm. Heute soll sein Arbeitszimmer ausgeräumt werden. Wir tragen alle Dinge in seinen Garten: Bücher, Möbel, Lampen, Bilder, alles ist unbrauchbar und total verschlammt.
Herr Takahashi bittet mich die Bilder, Porzellanvasen und andere Dinge mit dem Schlauch abzuwaschen und im Garten zum trocknen aufzustellen. Ich tue gehorsam was er sagt und  gebe mir Mühe, diese verdreckten Gegenstände dennoch gut zu behandeln, ihm zu liebe. Denke mir aber im Stillen, ich an seiner Stelle würde alles auf den Misthaufen werfen. Wahrscheinlich hat er viele Erinnerungen an die Gegenstände und es fällt ihm jetzt einfach schwer sich von allem zu trennen. Ein unangenehmer Geruch liegt in der Luft. Heute haben wir noch Glück, das Wetter ist gut und alles kann draussen erledigt werden. Sein Garten aber gleicht einem schlammigen Ackerfeld...und immer wieder beelendet mich der Anblick um sein Haus herum, das er vor 12 Jahren bauen liess und seine Frau ist vor 5 Jahren gestoben. Er konnte es im Unterkunftslager nicht aushalten und hat sich entschlossen zurückzugehen. Die meisten Nachbarhäuser sind derzeit leer, er und nur wenige andere haben sich entschieden in dem Trümmerhaufen auszuhalten. Ich frage mich derzeit, was wohl für mich besser wäre: eine überfüllte Turnhalle, aber warm und trocken oder diese beelendende Gegend. Ich hätte wahrscheinlich die Turnhalle vorgezogen. Im 2. Stock seines Hauses, wo ich die Toilette benutzen darf, wird mir klar, dass er ein sehr ordentlicher Mann ist, der seine Wohnung stilvoll eingerichtet hat. Kein Wunder, dass er wieder hier leben will. Aber mir wäre der schlammbedeckte Garten und die damit verbundene hygienische und bakterielle Verschmutzung viel zu gefährlich. Herr Takahashi will, dass wir später in seinem Garten Mittagessen, wir haben natürlich unsere eigenen Onigiri (Reisballen) und Sandwiches mitgebracht, bzw, unterwegs in einem kleinen Laden gekauft. Herr Takahashi will nicht mit uns Essen, er zieht sich lieber zurück in seinen 2. Stock. Anschliessend serviert er uns Schnellkaffe aus seinen wertvollen Tontassen (eine Kollektion, wie er sagt).

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