Donnerstag, 21. April 2011

Fortsetzung: 2. Teil: Als freiwilliger Helfer im Krisengebiet. Fünf Wochen nach dem Erdbeben

Nach all dem Erlebten brauchte ich ein wenig innerlich Abstand und machte einen kleinen Gang rund um den Häuserblock, wo wir unser Auto abgestellt hatten. Ich wunderte mich über die vielen Sandsäcke vor den Eingangstüren und beim weiterlaufen entdeckte ich auch plötzlich Häuser, die mitten im Hochwasser standen. Was war das nun? Hatten die Leute nicht schon viel Schlimmes erlebt? Wo kam dieses Wasser nun noch her? Als ich so dastand und am überlegen war, kam der Hausbesitzer mir entgegen und erklärte, dass er und die übrigen Bewohner in diesem Stadtviertel jetzt fünf Wochen danach auch noch mit diesem Problem des ansteigenden Wassers zu kämpfen hätten. Den Grund hab ich nicht ganz verstanden, teils vom Regen oder den verstopften Gullis etc. Auf jeden Fall steht sein erster Stock des Hauses nun bis zu seinen Knien im Wasser. Er selbst lebe derzeit im 2. Stock. Als wir ins Gespräch kamen zeigte er auf seinen Rucksack und scherzte: „Jetzt trage ich meine Frau immer bei mir“. Erst verstand ich nicht recht, was er damit meinte, dann erklärte er: seine Frau sei vor 5 Jahren gestorben und das wichtigste sei für ihn nicht das Bankkonto oder der Ausweis den man in einer bevorstehenden Flucht bei sich trage... sondern die Urne seiner Frau. Weil er nicht wisse, was jetzt noch alles kommen könnte, habe er sich entschlossen, sie bei sich zu tragen. Das gäbe ihm auch Kraft das Alleinsein zu überwinden. Ja, die Japaner haben schon ihre eigenen Ansichten über das Seelenheil und die Beziehung zu den Verstorbenen, von denen sie glauben, dass diese auch nach dem Tod weiterleben. 
Es fiel mir nicht leicht, diese Leute mit ihrem Kummer, ihrer Not und dem alleingelassen sein in ihrer hilflosen Situation zu verabschieden. 

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